Die wachsende Rolle digitaler Gesundheitsdaten

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July 2025
Die wachsende Rolle digitaler Gesundheitsdaten
7:27

Patientinnen und Patienten – wir selbst – sind komplex. Viele Faktoren beeinflussen unsere Gesundheit weit über eine einzelne Diagnose oder Therapieentscheidung hinaus. Unsere digitale Patientenakte, heute als Elektronische Patientenakte (ePA) bezeichnet, wurde ursprünglich entwickelt, um diagnostische Kontakte zu dokumentieren, Behandlungsverläufe zu verfolgen, Abrechnung zu standardisieren und regulatorische Anforderungen zu erfüllen. Mittlerweile steht die ePA im Zentrum medizinischer Innovation: Sie erfasst nicht nur den longitudinalen Verlauf von Diagnosen und Behandlungen, sondern unterstützt auch klinische Entscheidungen und prognostische Analysen – was für palliative und präventive Versorgung ebenso wichtig ist wie für outcomes-basierte Forschung. 

Die Weiterentwicklung der ePA reicht inzwischen über administrative und abrechnungstechnische Funktionen hinaus. Sie bildet die Grundlage einer datenbasierten Gesundheitsversorgung und beeinflusst Patientenversorgung, Forschung und gesundheitspolitische Entscheidungen. Im Folgenden beleuchten wir zentrale Aspekte, die die Zukunft der ePA prägen und sie hin zu umfassenden Elektronischen Gesundheitsakten (eGA) weiterentwickeln: Datenintegration, Interoperabilität und das Potenzial für Real-World Evidence (RWE). 

Erweiterung der ePA zur eGA für umfassendere Wirkung 

Elektronische Patientenakten (ePAs) bestehen hauptsächlich aus strukturierten, digital kodierten Daten wie Abrechnungscodes für Diagnosen, Medikamente, Prozeduren, Laborwerte und demografische Angaben (1). Diese sind zwar essenziell für administrative und klinische Prozesse – aber sie spiegeln nicht das vollständige Bild unserer Gesundheit wider. Es fehlen interpretative Informationen, etwa Notizen der behandelnden Ärztinnen und Ärzte, die Diagnose- und Therapieentscheidungen erklären. 

Moderne KI-Technologien, etwa mithilfe von Natural Language Processing (NLP), ermöglichen es jetzt, diese entscheidenden Details aus freien Texten zu extrahieren und in eine erweiterte Gesundheitsakte zu integrieren (2). Diese eGA baut auf der ePA auf und richtet den Fokus auf die ganzheitliche Gesundheit eines Patienten, mit Beiträgen aller Fachkräfte, die ihn betreuen (3). 

Einbezug sozialer und ökologischer Einflussfaktoren 

Über die medizinische Behandlung hinaus beeinflussen auch soziale und Umweltfaktoren die Gesundheit. Soziale Determinanten (z. B. sozioökonomischer Status, Zugang zu Gesundheitsdiensten, Therapietreue) wirken sich direkt auf Krankheitsverlauf und Therapieerfolg aus (4). 

Ebenso spielen Aufenthaltsbedingungen, Luftqualität oder Arbeitsumfeld eine Rolle (5). Kennt man etwa Schwierigkeiten bei der Mobilität, können telemedizinische Angebote die Versorgung verbessern. Bei komplexen Medikationsplänen sollte man alternative Optionen anbieten, um die Therapietreue zu erhöhen. 

Ziel ist es, patientenrelevante Daten handlungsfähig zu machen – ohne zusätzlichen bürokratischen Aufwand für die Mitarbeitenden im Gesundheitswesen. 

Herausforderungen und Ansätze in modernen eGAs

Viele moderne eGA-Systeme ermöglichen bereits die Erfassung sozialer und nicht-klinischer Faktoren (z. B. Mobilität, Lebensumfeld) und bieten prädiktive Analysefunktionen (z. B. Sepsis-Erkennung). Aber Datenlücken, Bias, fehlende Interoperabilität und eingeschränkter Datenzugang behindern eine optimale Nutzung. 

Es geht daher weniger um die Frage, ob zusätzliche Daten erfasst werden sollten, sondern vielmehr darum, wie man Daten zugänglich, nutzerfreundlich und standardisiert macht, damit sie effektiv verwendet werden können. 

Bessere retrospektive Forschung und Real‑World Evidence (RWE) 

Eine vollständigere und strukturiertere eGA dient nicht nur der Individualversorgung, sondern auch der Forschung. In Kombination mit weiteren Datenquellen eröffnen eGAs die Möglichkeit, reale Versorgungssituationen auszuwerten (6):

  • Krankheitsmuster erkennen
  • Therapiewirksamkeit analysieren
  • Versorgungsunterschiede aufdecken 

Dazu kommen prädiktive Modelle, die Frühwarnzeichen erkennen, Therapieerfolge prognostizieren oder Risikogruppen identifizieren – und somit den Wandel von reaktiver zu präventiver Versorgung unterstützen. Das kann Krankenhauseinweisungen reduzieren und die Effizienz steigern. 

Investition in die Zukunft der Gesundheitsdaten 

Um ihr volles Potenzial auszuschöpfen, müssen ePAs und eGAs kontinuierlich weiterentwickelt werden – sowohl zur Unterstützung einzelner Patientinnen und Patienten als auch zur sekundären Nutzung der Daten für umfassendere Einsichten (2). Strukturdaten kombiniert mit Zusatzdaten bieten ein tieferes Gesamtverständnis von Patientengesundheit, Versorgungsverläufen und Behandlungsergebnissen. Solche erweiterten Datensätze tragen zu fundierterer RWE-Forschung bei und ermöglichen eine bessere Bewertung gesundheitlicher Interventionen über unterschiedliche Bevölkerungsgruppen (7). 

Digitalisierte Gesundheitsdaten sollten genutzt werden, um:

  • Patient:innenversorgung zu optimieren
  • Das Gesundheitssystem effizienter zu gestalten
  • Mit jedem Euro möglichst viele Qualität-adjustierte Lebensjahre (QALYs) zu gewinnen

Ein evidenzbasierter Blick auf Gesundheitsökonomie (HEOR) ist entscheidend, um wirksame und ökonomisch vertretbare Entscheidungen zu treffen und die Versorgung für alle nachhaltig zu verbessern. 

1.       SBS. (2025). EMR vs HIS: Understanding the key differences & choosing the right system. SBS. https://sbs-me.com/emr-vs-his-vs-ehr-the-key-differences/ 

2.       Sarwar, T., Seifollahi, S., Chan, J., Zhang, X., Aksakalli, V., Hudson, I., Verspoor, K., & Cavedon, L. (2022). The secondary use of electronic health records for data mining: Data characteristics and challenges. ACM Computing Surveys (CSUR), 55(2), 1–40. https://doi.org/10.1145/3490234 

3.       Garrett, P., & Seidman, J. (2011). EMR vs EHR – What is the difference? HealthIT.gov. https://www.healthit.gov/buzz-blog/electronic-health-and-medical-records/emr-vs-ehr-difference 

4.       Okunrintemi, V., et al. (2019). Association of Income Disparities with Patient-Reported Healthcare Experience. Journal of General Internal Medicine, 34(6), 884–892. https://doi.org/10.1007/s11606-019-04848-4 

5.       Sundas, A., et al. (2024). The Effects of Environmental Factors on General Human Health: A Scoping Review. Healthcare, 12(21), 2123. https://doi.org/10.3390/healthcare12212123 

6.       World Health Organization. (n.d.). Improving health-care delivery and innovation through secondary use of health data. World Health Organization Europe. https://www.who.int/europe/activities/improving-health-care-delivery-and-innovation-through-secondary-use-of-health-data#:~:text=Secondary%20use%20of%20health%20data%20is%20the%20processing%20of%20health,which%20the%20data%20were%20collected 

7.       ISPOR. (n.d.). Real-world evidence. The International Society for Pharmacoeconomics and Outcomes Research. https://www.ispor.org/strategic-initiatives/real-world-evidence 

 

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